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Entstehung von Purewonder Teil 1

Trekking von Lamayuru nach Padum, Übernachtung am Fluss.
 

Als wir im Juni 2001 zu Fuß im Himalaya in Kaschmir unterwegs waren, von Lamayuru nach Padum, fuchtelte in einem Bergdorf ein Mann mit seinen Armen herum und sagte bumm, no no bumm. Was er uns sagen wollte, verstanden wir erst nach einem zweitägigen Fußmarsch.

Der Pfad schlängelte sich neben einem Fluss entlang und unsere Kehlen waren seit Stunden trocken. Aber wir kamen nicht ans Wasser ran, denn zwischen uns und dem Fluss war ein Abgrund, der mit jedem Kilometer tiefer wurde.

Plötzlich ging es nicht mehr weiter. Der Weg war von Felsen verschüttet. Das war also das „bumm“. Ein Kompressor stand da, jemand hatte Löcher für Sprengladungen in die Steine gebohrt. Wir konnten den Luftschlauch als Seil benutzen, zum Wasser klettern und endlich trinken. Aber weder in der Flusströmung, noch auf der steilen Bergflanke war ein Weiterkommen möglich. Also gingern wir mehrere Tage lang zurück und versuchten, die Strecke mit Bussen über die Bergstraßen zu umfahren. Das Gepäck wurde aufs Dach gebunden. Unterwegs war dann mein Rucksack mit der kompletten Ausrüstung verschwunden. Ob er auf der holprigen Straße herunterfiel oder beim Umsteigen in Kargil vom Dach gestohlen wurde, bleibt ein Geheimnis. Zumindest hätte ein Diebstahl zum düsteren Bild dieser Stadt gepasst, wo noch die aufgeheizte Stimmung des Kargil-Krieges mitschwang. Sie liegt an der "Line of Control", der Demarkationslinie zwischen Indien und Pakistan.

Wenigstens hatte ich noch eine Hose und ein T-Shirt an, den Schlafsack unterm Arm und zum Glück auch noch Geld und Reisepass in der Bauchtasche. Unsere Pässe wurden in dieser Region ständig vom Militär kontrolliert.

Trekking in Kaschmir. Eine schöne, aber nicht ganz ungefährliche Region

Wir beschlossen, nach Srinagar zu fahren und es uns auf einem Hausboot gemütlich zu machen. Srinagar besteht zum Teil aus zwei Seen, worauf viele Hausboote im englischen Kolonialstil liegen. Die Engländer durften hier keine Grundstücke besitzen und ließen sich die Boote bauen. In der Bibliothek unseres Bootes stand ein Buch aus den Sechzigern, aus der Zeit des Hippie-Trails. Jemand beschrieb, wie er auf dem Landweg zwischen Europa und Indien hin und her fuhr. Ein Tourist könne Edelsteine im Wert von bis zu 10.000 Dollar legal von Indien nach Europa mitnehmen, sie dort für den vierfachen Preis verkaufen und sich damit seine Indienreisen finanzieren.

An der Terrasse unseres Hausbootes legten gelegentlich Boote an. Händler klopften an die Tür und boten diverse Sachen an, z.B. Früchte, Bier, Süßigkeiten, Haschisch oder Schnitzereien. Es kam auch ein Boot mit Edelsteinen. Ich wollte testen, ob der im Buch beschriebene Handel noch immer funktioniert und kaufte ein Beutelchen Aquamarine. Mein Studium stand bevor und es musste eine Möglichkeit zur Finanzierung gefunden werden.

Wir verließen nach einer Woche das Hausboot und fuhren ins 500 Km entfernte Manali im indischen Bundesstaat Himachal Pradesh, um dort wandern zu gehen. Vor Ort sprach mich ein Inder an und lud uns zu sich und seinen Freunden zum Essen ein. Die Gruppe führte uns anschließend ins Obergeschoss ihres gemieteten Ferienhauses. Jemand zog die Gardinen zu und öffnete einen Koffer voller Edelsteine und Juwelen. Wie die Faust aufs Auge passte deren Geschichte zur Geschichte aus dem 500 Km entfernt liegenden Buch: Ein Tourist dürfe Steine im Wert von 10.000 Dollar mit nach Europa nehmen, wo sie den vierfachen Wert hätten. Und jetzt wurde es noch besser: Den Jungs genügte es, wenn der Tourist eine Kaution in Höhe von 5.000 Dollar hinterlegt und ein Kontaktmann am Ankunftsort die Steine entgegennimmt. Der Kontaktmann zahlt dann 10.000 Dollar und die Kaution aus. Wenn alles gut klappt, könnte man in Zukunft regelmäßig zusammen arbeiten.

Und da ich sowieso weder Rucksack noch Wechselklamotten hatte, kam ein Abbruch der Reise ganz gelegen. Wir bereiteten zwei Päckchen mit Saphiren, Rubinen, Aquamarinen, ein paar Ringen mit Diamanten und diversen anderen Steinen vor, versiegelten die Päckchen und unterschrieben auf der Versiegelung. Innerhalb weniger Minuten wurden Plätze in einem Bus nach Delhi gebucht und eine Person aus der Gruppe begleitete uns auf der 16 stündigen Fahrt zu seinem „Onkel“. Der Onkel war der Boss der Gruppe, ein gepflegter indischer Opa, der in einem Luxushotel in Delhi auf uns wartete. Wir bekamen ein Zimmer im gleichen Hotel mit bester Verpflegung. Jetzt brauchten wir nur noch die Kaution zu besorgen. Freunde in Deutschland schickten das Geld per Western Union. Dann buchte der Onkel unseren Flug nach Deutschland und begleitete uns zum Check-in.

Bei der Ankunft in Deutschland wartete kein Kontaktmann auf uns. In Indien ging niemand ans Telefon. Wir waren junge, unerfahrene Leute und sind auf eine ausgeklügelte Strategie reingefallen. Die Gruppe hatte bei uns leichtes Spiel, da ich im Hausboot auf das Buch gestoßen war und alles perfekt zusammen passte. Dennoch hatten die Jungs nichts mit dem Buch zu tun. Es war einfach eine Verkettung von Zufällen.

Ein Geologe der TU Dresden bestätigte die Echtheit der Steine. Jedoch hatten sie einen geringeren Wert, als wir dachten. Und man hätte für jeden Stein ein teures Zertifikat anfertigen lassen müssen. Ich startete verschuldet in mein Studium.

Mit Zwanzig steckt man noch tief im Lernprozess. Dinge wie Menschenkenntnis wachsen mit heran, auch die Fähigkeit für die richtige Einordnung von Chancen und Risiken und letztendlich von Positiv und Negativ. Aber diese Begriffe sind ja sowieso miteinander verbunden und gleichen sich oftmals aus. Wir haben also durch die Story mit den Edelsteinen viel gelernt. Eines ist jedoch Blödsinn: Nehmt auf keinem Fall als Tourist Edelsteine von Indien mit nach Europa, um sie dort zu verkaufen, auch wenn es so im Buch geschrieben steht. Das kann zollrechtlich und steuerrechtlich in die Hose gehen.

Der Ort Manali, wo die Steinhändler auftauchten, ist aufgrund seines milden Klimas im Sommer beliebt bei Aussteigern und Hippies, die sonst in Goa leben. Also gibt es in Manali Goapartys. Nepalesische Schneider machen sich das zunutze und verkaufen Goahosen, bestickte T-Shirts, Gürteltaschen etc., und auch indische Händler sind mit Pumphosen, bedruckten T-Shirts und Tüchern vertreten. Ich ließ mir einige Stunden vor dem abrupten Ende unserer Reise ein paar Hosen und T-Shirts fertigen und nahm sie mit nach Deutschland. Auf Goapartys in Dresden fragten mich dann immer wieder Leute, wo es denn solche Klamotten zu kaufen gibt.

Hier geht's zu Teil 2 der Entstehungsgeschichte von Purewonder